Geteilte Freude ist doppelte Freude...? Nicht wirklich
Wir wussten, dass die Wanderung recht populär ist, spätestens seit ein Reisemagazin eine große Story mit beeindruckenden Bilder 2005 publiziert hatte. Und außerdem wählten wir mit einem sonnigen Tag Mitte September einen Tag, den wohl viele als einen der letzten in der Saison für diese Tour ansehen. Es konnte ja keine ahnen, dass Winter in diesem Jahr erst viel später als gewöhnlich kommen würden. Wie auch immer, wir erwarteten also nicht, allein unterwegs zu sein.
Wir verließen unser Hotel zu einer völlig unchristlichen Zeit, um 5:30 morgens, um eine Stunde später am Parkplatz in Skjeggedal anzukommen. Ungefähr 50 Fahrzeuge standen dort bereits sowie verschiedene Gruppen, die sich im Schein von Stirnlampen zusammenfanden und für die Tour letzte Vorbereitungen trafen. Nachdem wir den Wagen geparkt hatten, machten wir uns ebensfalls fertig.
Erfreulicherweise hat sich die Menschenmenge während der Tages nicht negative bemerkbar gemacht, sie verteilte sich ganz gut über die Wegstrecke. Sicher, man überholt so einige und wird überholt, aber schlussendlich fühlte es sich nicht so an, als würde man ständig vor oder hinter jemanden gehen.
Der erste Anstieg ist der schlimmste Teil
Die ersten 1,5 km und 440 Höhenmeter sind eine erste echte Herausforderung. Sofern man einigermaßen beieinander ist, wird man den Teil etwas schnaufend sicher überleben - aber man hat ja im Hinterkopf, dass man genau den steilen Abhang am Ende der langen Wanderung ja auch wieder herunter kommen muss...
Aus diesem Grund hatten wir unsere Wanderstöcke mitgebracht. Ein Ausrüstungsgegenstand, den wir sonst ehrlicherweise eher bei älteren Herrschaften und mit leicht bemitleidendem Gesichtsausdruck unsererseites zur Kenntnis nehmen. Eine böse Erfahrung in den Alpen ein paar Jahre zuvor war uns jedoch in Erinnerung geblieben und am Ende dieses langen Tages waren wir dann auch sehr froh, sie dabeizuhaben.
Sind die ersten 1,5 km geschafft, wird der Weg recht ebenerdig und man kann die wilde, jetzt baumlose Landschaft um einen herum genießen. Es geht ein wenig hoch und runter, an kleinen Tümpeln und den unvermeidlichen Hütten vorbe, über Rinnsale und dann kilometerlang der Bergflanke entlang. Ab Kilometer 4
weitet sich der Blick beträchtlich und ab Kilometer 7
kann man die Trollzunge tatsächlich schon sehen, wenn man weiß, wo man suchen muss.
Kleiner Tipp: nach bunten Punkten, das heißt,
Wanderern, auf der Trollzunge Ausschau halten - obwohl das dann wohl eher die Schlange von Wanderern VOR der Trollzunge ist...
Nach ein paar Pausen und gemäßigtem Tempo bogen wir nach rund 4 Stunden um die letzte Ecke und da war sie, die Trollzunge in all ihrer Einzigartigkeit - abgesehen von 1-2 Dutzend ähnlicher, aber weniger gut vermarkteter Felsformation. Aber wenn interessieren schon Details an so einem Ort!
Nur hier steckt der Troll seit Tausenden von Jahren so schön seine Zunge raus, und die Aussicht von hier ist zugegebenermaßen einfach spektakuär!
Ab hier ging es entspannt weiter | Wasserfall falsch herum | Wasserfall falsch herum |
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Kurze Pause | Blick auf den See | Eines von vielen Steinmännchen |
Die berühmte Trollzunge | Gruppenfoto | Schlange vor der Trollzunge... |
Schlange vor der Trollzunge... | Von der Trollzunge aus gesehen | Ein populärer Ort... |
Kilometer 11 - und wieder zurück | Wir waren es nicht! |
Unsere Empfehlungen für die Wanderung:
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Mit dem ersten Sonnenlicht oder besser noch: deutlich davor starten, dann mit Taschenlampe, um genug Zeit zu haben und nicht mit der Masse gehen zu müssen
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Für jedes Wetter gewappnet sein, auch im Sommer, zählt schließlich als Hochgebirge in diesen Breitengraden
Besser nicht:
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Die Tour nicht zu spät starten - die Wanderung dauert einen ganzen Tag und ist anstrengend
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Nicht den Öffnungszeiten der Touristeninfoin Odda vertrauen, wie sie im Internet zu finden sind - die werden nicht häufig aktualisiert
Mehr Informationen
KARTE
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INFO
Entfernung von Oslo
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370 km / 6 std mit dem Auto
Höhepunkte
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Auf der Spitze der Trollzunge stehen, rund 700m über festem Grund
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Die Wanderung entlang der Bergflanke
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Bei ausreichend Wind: 2 Wasserfälle, bei denen das Wasser hoch in die Luft geblasen wird, also ein umgekehrter Wasserfall - haben wir so noch nie gesehen
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Weniger schlaue Touristen, die versuchen, die Wanderung mit Sneakern zu bewältigen... der nächste Fall für die Bergrettung (2015 war ein Rekordjahr mit über 40 Einsätzen)
Übernachtungsempfehlung
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Utne Hotel (ist aber 50 km entfernt)
Mågeliban - Fährt leider nicht mehr
Bis 2014 konnte man bequem mit der Mågelibahn, einer Seilradbahn, die ersten 440 Höhenmeter hinter sich bringen.
Bedauerlicherweise wurde diese zugunsten einer Straße, die zur Zeit aber noch im Bau ist, eingestellt.
Bis irgendwann in 2016 muss man nun also tatsächlich zu Fuß hochwandern... und kann auch nicht mehr entlang der alten Gleise gehen, da diese bereits abgebaut worden.
Altes Bild der Mågelibahn
Die Trollzunge
Der Fels ist größer als man von den Fotos erwarten würde, so war jedenfalls unser Eindruck. Daher haben die meisten auch kein Problem damit, ihn zu betreten. Aber es ist etwas völlig anderes, die Beine über den Abgrund baumeln zu lassen.
Da wir zwei Angsthasen sind, die ihr Leben lieben, standen wir einfach nur mitten auf der Trollzunge, in respektablen Abstand zum Abgrund und freuten uns der Aussicht und dem leicht mulmigen Gefühl in der Magengegend.
Wie schon erwähnt, sind in der Regel eine Menge Menschen hier. Aber, zumindest als wir da waren, haben sich alle rücksichtsvoll verhalten, geduldig darauf gewartet, bis die vor ihnen stehenden alle möglichen, peinlichen Bildern von sich auf der Trollzunge gemacht haben und sie an der Reihe waren, es ihnen gleich zu tun.
Einige Wanderer haben direkt neben der Trollzunge übernachtet, was sicher toll ist, da man dann die Aussicht am späten Abend oder frühen Morgen mehr oder weniger ganz für sich hat.
Angeblich habe auch schon Verrückte versucht, auf der Trollzunge selbst zu übernachten, aber der erste Windstoß dürfte diese Nacht frühzeitig beendet haben.
Bester Ort für das perfekte Trolltunga-Foto
Das beste (oder zweitbeste, jenachdem) Foto von der Trollzunge gelingt einem angeblich von leicht unterhalb des Felsens: Ungefähr 50m nördlich kann man wohl recht gefahrlos ein paar Meter absteigen, was einem eine besonders beeindruckende Perspektive eröffnet.
Haben wir glatt verpasst. So ein Mist. Müssen wir wohl noch einmal wiederkommen.
Trolltunga
Dem Troll auf die Zunge steigen
Einen schönen Herbsttag nutzend zur Trollzunge zu wandern - mit nur ein paar Hundert anderen
Ernstzunehmende Warnhinweise
Sehr hilfreich sind die Schilder mit Kilometerangaben, die entlang des Weges jede 1.000 Meter aufgestellt sind und darüber informieren, wie weit es zum Ziel ist und wie weit zurück zum Ausgangspunkt.
Zwei Schildern, eines bei Kilometer 1,5 und ein anderes bei Kilometer 4 geben zusätzlich den Sicherheitshinweis, dass man diesen Punkt spätestens zu einer bestimmten Uhrzeit passiert haben sollte, um noch sicher (zum Ziel und) wieder zurück zu kommen, solange es noch hell ist.
Man sollte sich daran halten - es seid denn, man ist mit Zelt unterwegs, hat eine gute Stirnlampe dabei oder wollte immer schon einmal die Nacht im Gebirge verbringen, allein, im Dunkeln, in der Kälte, wahrscheinlich ohne Essen und Fremde bitten, Ihr kleines Zelt und den noch kleineren Schlafsack zu teilen :-)
Eine ausgewachsene Wanderung, kein Spaziergang
Wie bei einer 22 km langen Wanderung nicht anders zu erwarten, ist auch diese hier kein Sonntagsnachmittags-spaziergang, den man mal eben in T-Shirt und kurzen Hosen abläuft. Obwohl, genau dies scheinen manche Turisten zu meinen und dementsprechend sehen sie dann auch aus - sofern sie es noch aus eigener Kraft zurückschaffen. Kein Witz!
Mit einer Gesamtlänge von 22 km und einer Dauer von 8-12 Stunden, abhängig von der individuellen Kondition und wie lange man an der Trollzunge verweilen will, ist es eine ausgewachsene Wanderung in baumloser, häufig zugiger Gebirgsumgebung. Das Ziel ist jedoch all die Anstrengung wert und auch die Aussicht auf der Strecke zur Trolltunga lohnt den Schweiß.
Tragisches Unglück
Anfang September 2015 verunglückte eine australische Studentin an der Trollzunge tödlich als sie - Zeitungsberichte zufolge - die Trollzunge verlassend, versuchte wartende Wanderer auf der dem Abrgund zugewendeten Seite zu passieren und abrutschte...
Eine traurige Erinnerung, dass Wandern im Gebirge immer mit gewissen Risiken einhergeht.
Alternativer Aufstieg
Falls die "normale" Wanderroute zur Trollzunge nicht ansprechend und anstrengend genug ist, gibt es eine Alternative: Es wäre eine Kombination aus Radfahren (am See entlang), Wandern (vom See zum Einstieg) und Klettern (die Via Ferrate hinauf).
Diese Route erfordert allerdings eine komplette Kletterausrüstung und Klettererfahrung sowie Kenntnisse der Umgebung und wird daher nur Klettergruppe empfohlen. Oder gleich eine Tour mit ortskundigen Bergführer buchen.
Der lange, schmerzhafte Weg zurück
Naja, so schlimm war es dann doch nicht - sofern man Wanderstöcke benutzt oder einer dieser typischen
superfitten, an einem vorbeihastenden Norweger so um die Mitte 50 ist.
Was wir definitiv nicht sind, wir sind jünger, daher die Stöcke.
Noch eine Anekdote zum Schluss: Um 4 Uhr nachmittags traffen wir 2 Kilometer vor Ende ein Paar aus dem Mittleren Osten. Sie hatten bereits 3 Stunden vom Parkplatz bis hierher benötigt, waren also zu spät gestartet und hatten auch keine Wanderausrüstung dabei und nur Turnschuhe an den Füßen. Er war wild entschlossen, bis zu Trollzunge zu wandern, sie sah schon erschöpft aus, wollte zurück und versuchte ihn lautstark davon zu überzeugen.
Wir sprachen kurz mit ihnen, konnte sie aber leider nicht überzeugen, aufzugeben und umzukehren. Unglaublich. Wir fürchten, dass die beiden eine unangenehme Nacht vor sich hatten: Entweder im Dunkeln versuchen den Rückweg zu finden, oder einen Unterschlupf zu finden.
Oder aber sie lösten einen der 40 Rettungseinsätze an der Trollzunge aus, die im Jahr 2015 verzeichnet wurden. Ein neuer Rekord.
Zur Abschreckung hier ein Bericht von einem, der unvorbereitet und uninformiert die Wanderung in Angriff genommen hat, sowie hier einer von einer Gruppe, die sich im Dunkeln verirrt hat und mit dem Hubschrauber gerettet werden musste.